Screenshot_20200815-221242

Corona als „Glücksfall“ für HSG

von Helmut Popp aus Rüsselsheimer Echo 

Rüsselsheim   –   In der im Frühjahr wegen des Coronavirus abgebrochenen Saison 2019/20 waren die Bezirksoberliga-Handballer der HSG Rüsselsheim/Bauschheim/Königstädten nicht so recht zu Potte gekommen. Einige Zeit verharrten sie im Ungewissen, ob es für den Klassenerhalt gereicht hat. Aufatmen durften sie erst nach der Verbandsentscheidung, dass es angesichts der besonderen Umstände keine Absteiger geben wird. Es hätte aber auch so gereicht, denn in der offiziellen Abschlusstabelle landete die Rüsselsheimer Dreier-Spielgemeinschaft im 14er-Feld auf dem zwölften Rang.

Für die bevorstehende Punktrunde, die am 12./13. September starten soll, sieht sich „Rü/Ba/Kö“ aber nun wesentlich besser aufgestellt. Nicht zuletzt, weil wieder der bewährte Wladimir Daschevski als Trainer verpflichtet wurde. Was auch dazu führte, dass nun einige frühere Leistungsträger in die Opelstadt zurückgekehrt sind: Der starke Torhüter Marcel Chantre beendete sein zweijähriges Gastspiel beim Landesligisten SG Egelsbach, Kreisläufer Max Kaczmarek trägt nach einem Jahr in Dotzheim künftig wieder das Trikot seines Stammvereins, ebenso wie Yannick Popp (HSG MainHandball). Erst vor kurzem wurde nun  bekannt, dass auch Rückraumwerfer Marius Reinheimer ab sofort wieder für die HSG auf Torejagd gehen wird. Wie Kaczmarek spielte auch der 23-jährige Elektroniker, der vor acht Jahren dem Kader der deutschen Jugend-Nationalmannschaft angehörte, bis März zwei Ligen höher für den Oberligisten TuS Dotzheim. Vater Stephan, selbst viele Jahre Erstmannschaftsspieler der SKG Bauschheim und später – nach der Kooperation mit der TuS – phasenweise Interimstrainer der damaligen MSG, hatte ihn ebenso wie Bruder Mirco früh für den Handballsport begeistern können: Schon im zarten Alter von vier Jahren tummelte sich Marius Reinheimer bei den Minis der SKG.

Marius Reinheimer

Mitten in der schweißtreibenden Saisonvorbereitung, die natürlich wegen Corona völlig anders als gewohnt verläuft, sprach Echo-Mitarbeiter Helmut Popp mit dem in inzwischen in Königstädten wohnenden Handballer.

Herr Reinheimer, Corona hat im Frühjahr auch den Sportbetrieb komplett lahmgelegt. Die Handballsaison wurde Mitte März abrupt abgebrochen. Wie haben Sie damals die Situation erlebt?

Das war schon ein sehr komisches Gefühl. Erst einmal wusste man nicht so recht, wie man damit umgehen sollte. So etwas hatten wir alle ja noch nicht erlebt. Gerade als eingefleischter Mannschaftssportler ist man von eben auf jetzt in ein tiefes Loch gefallen, hatte zu den Kameraden monatelang keinen persönlichen Kontakt. Fit halten sollte man sich trotzdem, trainierte fortan individuell gemäß den vom Trainer über das Internet verbreiteten Vorgaben. Ein bisschen Laufen und einige Krafteinheiten; lange Zeit hatte ich da keinen Handball in meinen Fingern. Das empfand ich schon als ziemlich blöd. Mit TuS Dotzheim lagen wir zum Zeitpunkt des Abbruchs auf Platz zwei der Oberliga Hessen. Nach 19 Spieltagen hatten wir fünf Punkte Rückstand zum Tabellenführer ESG Gensungen/Felsberg. Ziemlich unwahrscheinlich, dass wir dies in den ausstehenden sieben Spielen noch aufgeholt hätten. Aber unter dem Strich haben wir eine wirklich prima Runde gespielt, wobei mir Trainer Embs zum Ende hin sogar etwas mehr Spielanteile gewährte. Dadurch konnte ich mich auch öfters unter den Torschützen einreihen.

Dennoch sind Sie nun nach nur einem Jahr in der Oberliga wieder nach Rüsselsheim zurückgekehrt. Was war der Grund?

Ganz klar die Corona-Pandemie. Eigentlich hatte ich in Dotzheim bereits für die kommende Runde fest zugesagt. Durch die erzwungene sportliche Pause ergab sich für mich jedoch die Möglichkeit, beruflich die beabsichtigte Meisterschule um ein Jahr vorzuziehen. Das Schulmodell lässt ein intensives Training mit mindestens drei wöchentlichen Einheiten nicht mehr zu. Deshalb entschloss ich mich, schon jetzt die Priorität auf das berufliche Vorankommen zu legen und handballerisch etwas kürzer zu treten.

Als Sie vor acht Jahren in die Jugend-Nationalmannschaft berufen wurden, hatten sie da von einer Profi-Karriere in der 1. oder 2. Bundesliga geträumt? Wenn ja, warum ist es anders gekommen?

Für mich persönlich war eigentlich früh klar, dass es für ganz oben nicht reichen wird. Zumal sich im Handballsport ja bei weitem nicht so viel Geld verdienen lässt wie beispielsweise im Fußball. Deshalb standen für mich immer die schulische und später dann die berufliche Perspektive im Vordergrund. Dennoch möchte ich die Tage im Deutschland-Trikot nicht missen. Es war eine anstrengende Zeit mit vielen Trainingseinheiten, die mir aber auch ungemein viele coole Momente bescherten. Unter dem Ex-Nationalspieler und vielfachen Deutschen Meister Klaus-Dieter Petersen (VfL Gummerbach, THW Kiel) als Trainer hatte ich 2012 drei Länderspiele gegen Frankreich bestritten – und dabei auch insgesamt fünf Tore erzielt.

Beim Bezirksoberligisten „Rü/Ba/Kö“ gehen sie nun wieder gemeinsam mit ihrem jüngeren Bruder Mirco auf Torejagd. Er im linken, Sie im rechten Rückraum. Ist da ein familieninternes Duell um den erfolgreichsten Schützen zu erwarten?

Nein, das ist überhaupt kein Thema. Handball ist ein Mannschaftssport, da stehen folglich ganz andere Dinge im Vordergrund. Im Übrigen: Wenn wir als Team erfolgreich sind, lasse ich dem Mirco da gerne den Vortritt. Außerdem haben wir bei der HSG noch eine ganze Reihe weitere Spieler, die immer für eine Vielzahl von Toren gut sind.

Wie sehen sie ihre Mannschaft für die kommende Runde aufgestellt, welche Erwartungen hegen Sie?

Ich denke mit den ganzen Rückkehrern und dem bewährten Trainer „Bob“ Daschevski haben wir schon eine recht schlagkräftige Truppe beisammen. Man muss aber nun schauen, wie sich im September der Punktspielstart für uns gestalten wird. Corona-bedingt verläuft die Vorbereitung ungewohnt, ist vor allem auch recht kurz. Aber das trifft ja auf alle unsere Konkurrenten zu. Nachdem sich die HSG in der vergangenen Saison meist im hinteren Tabellengefilde aufhielt, trauen uns viele ja nun etwas mehr zu. Mein persönliches Ziel will ich diesbezüglich mit relativ lapidaren Worten zum Ausdruck bringen: Halt einfach mal gucken, was geht.             hpp

 

/ Neues, Spielberichte Männer 1